30. Mai 2010

Medium Esstisch

Die gemeinsame Mahlzeit ist so alt wie die Menschheit. Der Braten über dem Höhlen- oder Grillfeuer, die Festtafel zur Hochzeit, die Familie am Abendbrottisch und der Business Lunch zwischen Akten und Sitzung: kaum ein Miteinander ohne Speise.

Wir essen alle irgendwann irgendetwas. Allerdings müssen wir dies heute weniger als je zuvor gemeinsam tun. Die Bestellpizza am Computer, ein Baguettebrötchen auf die Hand oder eine Plastikbox mit Resten vom Wochenende ist unser tägliches Brot. Diese Art von Mahlzeit lässt sich fix, problemlos und gemeinschaftsfrei den ganzen Tag über arterhaltend vertilgen: lesend, twitternd oder einfach weiterarbeitend.

Wenn ich sehr viel zu tun habe, rutsche ich leicht in dieses beiläufige Ex-und-hopp-Essverhalten. Aber ich habe mich entschieden, das bewusst zu ändern und mehr als bisher auf ein Miteinander beim Essen zu achten. Hier sind drei wichtige Bereiche, die mich dazu bewegen. Sie haben alle mit anderen zu tun. Und natürlich auch mit mir.

1. Familie. Wir versuchen, morgens und abends so oft wie arbeitstechnisch möglich gemeinsam am Tisch zu essen. Dabei kommen Dinge zur Sprache, die sehr wahrscheinlich unerwähnt blieben, wenn wir nur gemeinsam in einem Raum anwesend wären: die neue App, die alte Nachbarskatze, der unfaire Lehrer.
Ich glaube, wenn ich einmal grau bin, werden diese Stunden zu schönen Erinnerungen geworden sein. Abgesehen davon lernt unser eher wortkarger Herr Sohn, was Konversation ist: Nähe. Wärme. Bewegung.

2. Netzwerk. Ich esse gern mit Freunden und Geschäftspartnern: mittags oder abends, im Restaurant oder zu Hause. Meine liebste Tischgröße: die für zwei bis vier Personen. Dann ist selbst in einer Stunde Mittagspause ein echtes Gespräch möglich, und ich kann den Menschen hinter der Funktion sehen. Fast immer bin ich hinterher wach, inspiriert und beeindruckt von dem, was meine Tischgenossinnen und -genossen so denken und tun. Und viele meiner richtig guten Projekte begannen am Esstisch.

3. Zuwendung. Einige wunderbare Menschen in meinem Umfeld gehen nicht gern aus. Sie sind krank oder älter, es geht ihnen nicht gut oder sie gehören zu den zurückgezogenen leisen Menschen. Wenn ich diese Freunde und Bekannte besuche, versuche ich die Begegnung meistens mit einem Essen zu verbinden. Kaffee und Kuchen oder ein einfaches mitgebrachtes Gericht (manchmal von der Pommesbude – warum nicht?) sorgen, gemeinsam genossen, für unkomplizierte, entspannte Gemeinschaft: Wir essen zusammen. Wir reden miteinander. Manchmal baut die Mahlzeit als Thema eine Brücke. Und die Vorteile aus 1. und 2. kommen noch dazu…

2 Antworten zu “Medium Esstisch”

  1. AS sagt:

    stimmt

    aber leider nicht permanent herstellbar

  2. Ja, und deshalb ist es so wichtig, diese Begegnungen am Tisch zu planen. Sonst passieren sie nicht so oft, wie sie möglich wären…

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